Das schmerzt.
Spoiler
Das Gericht hat im September neben L. die Strafverfahren sechs weitere Männer und Frauen aus der Reichsbürger-Szene abgeschlossen, die 2017 an der Gründung und am Betrieb der "Deutschen Gesundheitskasse" (Degeka) beteiligt waren. L.s Komplizen, darunter auch dessen Ehefrau, waren nach Überzeugung des Gerichts jedoch mehr oder weniger Handlanger, teilweise ohne genau gewusst zu haben, worauf sie sich eingelassen hatten.
Die Verfahren, für sie ging es um Beihilfe, wurden wegen gegen Geldauflagen in Höhe von zwei Monatseinkommen eingestellt. 2017 hatte die Degeka 49 Mitglieder geworben, die Monatsbeiträge von 70 Euro und teilweise auch Zusatzangebote der "Krankenkasse" erworben hatten. Die Staatsanwaltschaft beziffert den Schaden auf mindestens 8.110 Euro.
"Meister der Manipulation"
Ein 57-Jähriger aus Hamm war der letzte Angeklagte in dieser Reihe. Er berichtete, dass er sich von Erhard L. und seinen Reichsdeutschen-Phantastereien habe einnehmen lassen. Weil seine Eltern aus Ostpreußen stammten, habe er sich für das Deutsche Reich interessiert und sei auf die Internetseiten von L. gestoßen. Er habe etwa gelesen, dass man über die Deutsche Reichsdruckerei einen Staatsbürgerausweis erhalten könne. "Das war hochprofessionell gemacht", sagte der 57-Jährige.
Bei der Google-Suche habe die Reichsdruckerei ganz oben gestanden: "Erhard L. ist ein Meister der Manipulation", sagte der Angeklagte, "man glaubt ihm, was er erzählt". Auch er habe L. abgenommen, dass das Deutsche Reich noch existiere. Er sei er später dahintergekommen, dass L. nur einen "Schein" erweckt habe.
Der Angeklagte gab zu, im Frühjahr 2017 an einem Treffen in Dresden teilgenommen zu haben. Man habe einen Verein oder gar eine Stiftung zu gründen, um Naturheilverfahren und Homöopathie zu fördern. Diese Ideen habe Erhard L. dann anders ausgelegt, um eine Krankenkasse zu gründen. Er selbst habe einige Jahre bei einer Krankenkasse gearbeitet und L. daher geraten, dass es so einfach nicht ginge und dass viel mehr Auflagen zu erfüllen seien.
Anonyme Hinweise an die Bafin
Doch L. habe das ignoriert und lediglich erwidert: "Wir sind im Reichsrecht." Nach der Meinungsverschiedenheit mit L. habe er sogar die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) angerufen und auch anonym kontaktiert, um von der Gründung der illegalen Krankenkasse zu berichten, sagte der 57-Jährige.
Der Angeklagte sagte außerdem, Erhard L. habe nur Mitglieder in der Degeka aufgenommen, die von ihm zuvor für 30 Euro einen Staatsbürgerausweis bei seiner Reichsdruckerei gekauft hätten. Außerdem habe L. ihnen die Gesundheitskarte über die Reichsdruckerei für weitere 30 Euro verkauft. "Ich sagte, das kannst du nicht machen. Eine Karte gib's immer umsonst dazu." Doch das habe L. nicht interessiert. Erhard L. habe "von oben herab wie ein König" regiert nach dem Motto: "Alle machen, was ich sage!"
Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass auch der 57-Jährige wie manche andere der Angeklagten davon ausgegangen war, einen Selbsthilfeverein zu gründen. Obwohl er einige Jahre für Versicherungen gearbeitet hatte, sei der Angeklagte nicht maßgeblich an der Gründung der illegalen Kasse beteiligt gewesen. Auch sein Verfahren stellte das Gericht gegen die Geldauflage von 600 Euro vorläufig ein.