Zwar hat das Urteil keinen Reichsbürgerbezug, es beschäftigt sich jedoch mit der Erlangung und dem Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft im Kontext der jeweiligen Staatsbürgergesetzgebung.
https://rewis.io/urteile/urteil/ewf-30-03-2021-1-c-2820/22
2. Der Vater des Klägers hat die deutsche Staatsangehörigkeit jedoch nach § 3 Abs. 2 Satz 1 und 3 StAG dadurch erworben, dass deutsche Stellen ihn irrtümlich zwölf Jahre lang als deutschen Staatsangehörigen behandelt haben (2.1.), ohne dass er dies zu vertreten hatte (2.2.). Er ist dadurch rückwirkend zum Zeitpunkt seiner Geburt deutscher Staatsangehöriger geworden (2.3.).
23
Diese Regelung, nach der die deutsche Staatsangehörigkeit gewissermaßen durch "Ersitzung" erworben werden kann, ist mit dem Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl. I S. 1970) in das Staatsangehörigkeitsgesetz aufgenommen worden. Sie dient dem Vertrauensschutz des Einzelnen und der Gewährleistung von Rechtssicherheit, vor allem in den Bereichen, in denen die deutsche Staatsangehörigkeit Voraussetzung weiterer Rechte ist, etwa beim Wahlrecht oder im Beamtenrecht (siehe auch BT-Drs. 16/5065, S. 227). Der Staatsangehörigkeitserwerb nach § 3 Abs. 2 Satz 1 StAG setzt voraus, dass der Betroffene seit zwölf Jahren von deutschen Stellen als deutscher Staatsangehöriger behandelt worden ist und dies nicht zu vertreten hat. Er findet nur auf Personen Anwendung, die - wie der Vater des Klägers - nicht ohnehin bereits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, die also zu Unrecht als deutsche Staatsangehörige behandelt werden. Nicht erforderlich ist, dass der Betroffene einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat; die Regelung kommt auch Auslandsdeutschen zugute (vgl. etwa Kau, in: Hailbronner/Maaßen/Hecker/Kau (Hrsg.), Staatsangehörigkeitsrecht, 6. Aufl. 2017, § 3 Rn. 7).