Pascal Najadi ist schon sowas wie eine eigene Hausnummer. Ich hätte über ihn fast schon einen eigenen Thread im Schweiz-Board gestartet, habe es aber nicht getan, vielleicht, weil der Mann auch für Laien erkennbar irgendeine Psychose haben dürfte.
Immerhin war der Tages-Anzeiger so freundlich, auf meine Anregung hin einen aufklärenden Artikel zu ihm zu veröffentlichen:
QAnon: Schweizer Ex-Banker ruft zum Mord an Juden und Bundesrat aufSpoiler
Schweizer Ex-Banker ruft zu Mord auf
QAnon-Bewegung Pascal Najadi führte ein imposantes Leben. Dann kamen der Mord an seinem Vater und die Corona-Pandemie.
Heute verbreitet Najadi als «John F. Kennedy» Lügen unter Hunderttausenden. Was ist passiert?
Anielle Peterhans
Kampfflugzeuge, schiessende
US-Marshals, aufsteigende Feu-
erbälle zu dramatischer Musik.
Dazu die Worte: Juden seien die
bald «ausgelöschten abgesand-
ten Satans». Das vor wenigen
Tagen auf der Plattform Rumble
erschienene Video wird unter-
zeichnet mit: «Sincerely, JFK» –
John F. Kennedy. Es wurde bis
dato 638’000 Mal angeschaut.
Der Verfasser dieser Zeilen
hält sich tatsächlich für den
1963 ermordeten ehemaligen
US-Präsidenten Kennedy. Pascal
Najadi, ein heute in der Schweiz
lebender britisch-schweizeri-
scher Doppelbürger, war bis vor
kurzem ein frühpensionierter
Investmentbanker. Er sprach in
Westschweizer Medien über die
Ukraine, auf Onlineportalen
über Bitcoins oder in einer
amerikanischen Talkshow mit
Millionenpublikum über das
«korrupte WEF».
Noch im letzten Jahr verfasste
er zweimal Artikel für die «Welt-
woche» und zuvor auch mehr-
mals für das Portal «Inside
Paradeplatz». Zudem hat er sich
als Filmproduzent einen Namen
gemacht: Seinen grössten Erfolg
feierte er im Jahr 2006 mit dem
Film «Grounding», der den Un-
tergang der Swissair thematisiert.
WHO ist für ihn «der Teufel»
Auch Najadis Leben könnte ver-
filmt werden. Heute ist Najadi
Anhänger der QAnon-Verschwö-
rungstheorie. Im Mittelpunkt
dieser Verschwörung stehen der
Endkampf zwischen Gut und
Böse, ein «Deep State» und Do-
nald Trump als Erlöserfigur, die
gegen eine geheime Elite aus
mächtigen Linken wie Hillary
Clinton oder Joe Biden, Superrei-
chen wie Bill Gates oder George
Soros oder, wie Najadi, gegen
«die Juden» kämpft.
Katalysator dieses Verschwö-
rungsglaubens war beim Schwei-
zer allem Anschein nach die
Corona-Pandemie. So sieht Na-
jadi in Genf – als Hauptsitz inter-
nationaler Organisationen wie
der Weltgesundheitsorganisation
WHO – «den Teufel». In zahlrei-
chen Videos und Interviews äus-
sert er sich diskriminierend über
Menschen jüdischen Glaubens
und ruft wiederholt öffentlich
dazu auf, Israel «auszulöschen»
und Schweizer Regierungsmit-
glieder «hinzurichten».
Beeindruckende Laufbahn
Der Schweizerische Israelitische
Gemeindebund (SIG) warnt vor
den Auswirkungen des von
Najadi verbreiteten Antisemitis-
mus. Das Bundesamt für Polizei,
(Fedpol), schreibt auf Anfrage,
dass es «Kenntnis von dem er-
wähnten Fall» habe. Aus «takti-
schen und sicherheitsrelevanten
Gründen» wolle es sich nicht
konkret äussern.
Wie kam es so weit? Und wie
ist es möglich, dass ein Mann in
der Schweiz solchen Hass ver-
breiten kann, ohne gestoppt zu
werden?
Der heute 56-Jährige wuchs in
einer schweizerisch-persischen
Familie in Luzern auf, zog nach
Genf und beriet als Investment-
banker in London Topmanager
auf EU-Ebene. Er lebte unter an-
derem in Moskau, Singapur und
Vietnam. Pascal Najadi ist der
Sohn des Ende Juli 2013 in Kua-
la Lumpur erschossenen Bankers
Hussain Najadi.
Sein Vater hatte die Ambank
gegründet, eine der grössten
Banken Malaysias. Daher findet
Najadi auch Erwähnung im 2023
erschienenen Buch des ehemali-
gen Petrosaudi-Direktors Xavier
Justo und von dessen Frau Lau-
ra. Der Genfer Justo hatte 2015 der
britischen Journalistin Clare
Rewcastle Brown rund 227’000
vertrauliche Firmendaten seines
früheren Arbeitgebers überge-
ben, die mutmasslich korrupte
Geldflüsse zwischen dem malay-
sischen Staatsfonds 1MDB und
dem Genfer Unternehmen Petro-
saudi belegen sollten.
Najadi äusserte nach dem Tod
seines Vaters die Vermutung,
dass dieser von den illegalen
1MDB-Finanzgeschäften gewusst
haben musste und deshalb er-
mordet wurde. Justo schreibt in
seinem Buch, dass er 2016 des-
halb mit Pascal Najadi gespro-
chen habe. Bei einer Presse-
konferenz mit Laura Justo und
der Journalistin Clare Rewcastle
Brown, die kurz darauf in Genf
stattfand, prangerte Najadi an,
dass der Tod seines Vaters nie
richtig aufgeklärt worden sei.
Er zeigt Alain Berset an
Dann wird es über Jahre ruhig
um Pascal Najadi. Bis er während
der Pandemie wieder vermehrt
an die Öffentlichkeit tritt. Najadi,
der zuvor laut eigenen Aussagen
der Schweizer Regierung voll-
umfänglich vertraut hat, spricht
in alternativen Medien von ei-
nem «Erwachen».
Ausschlaggebend war – wie
für viele Skeptikerinnen und
Skeptiker zu jener Zeit – die
Aussage von Pfizer-Managerin
Janine Small im EU-Parlament
im Oktober 2022. Sie erklärte,
dass der Corona-Impfstoff vor
der Marktzulassung nicht darauf
getestet wurde, wie gut er die
Virusübertragung hemmt. In der
Skeptikerszene wurde dies als
Geständnis interpretiert, dass die
Argumentation für eine Corona-
Schutzimpfung auf einer «Lüge»
beruhe.
Das sieht auch der dreifach
mit Pfizer geimpfte Najadi so
und erstattet Anzeige gegen den
damaligen Gesundheitsminister
Alain Berset wegen Amtsmiss-
brauch. Mehrere grosse Medien-
häuser berichten. Berset soll ge-
genüber dem Schweizer Fern-
sehen gesagt haben, dass man
mit dem Zertifikat zeigen könne,
dass man nicht ansteckend sei –
was nachweislich nicht stimme,
argumentiert Najadi. Laut eige-
nen Aussagen reicht er zur Klage
gegen Berset in New York eine
Zivilklage gegen Pfizer am New
York State Supreme Court ein.
Die Anzeige gegen Berset
mündet in einer Nichtanhand-
nahme. Das heisst, dass die
Staatsanwaltschaft keine Ermitt-
lungen aufnimmt.
«Biowaffe» im Körper
Najadi, der sich häufig ketten-
rauchend, Cola trinkend und im
Anzug zeigt, nutzt die Aufmerk-
samkeit, die ihm zuteilwird. Er
bespielt beinahe täglich mehrere
Twitter-Accounts sowie Tele-
gram-Kanäle, macht Podcasts
und ist insbesondere auf der
Videoplattform Rumble aktiv.
Zudem sammelt Najadi Geld
für seine angebliche Klage gegen
Pfizer. Er behauptet, er trage eine
«tickende Zeitbombe», eine
«Biowaffe», in seinem Körper.
Die Ärzte, die die Impfung ver-
schrieben, seien «Kriminelle».
Solche und ähnliche Aussagen
verschaffen ihm Zehntausende
von Followern in der staatskriti-
schen Szene. Einzelne Beiträge
von ihm werden hunderttau-
sendfach geklickt.
Seit Anfang 2024 verschärft
Najadi die Rhetorik. Er behaup-
tet nun, im Auftrag der US Space
Force zu handeln, eines 2019 von
der Trump-Regierung eingerich-
teten US-Militärzweigs. Gele-
gentlich trägt er in Interviews so-
gar deren Jacke und veröffentlicht
Videos mit deren Logo. Er er-
klärt, dass sich die Welt in einem
«von den USA geführten welt-
weiten Verteidigungskrieg» na-
mens #Storm befinde, in dem der
ehemalige Präsident Donald
Trump der «Commander in
Chief» sei. In diesem «Krieg»
würden angeblich «Millionen
von Menschen», insbesondere
korrupte Regierungsmitglieder,
Journalisten und das Gesund-
heitspersonal, das die Impfung
verabreicht habe, ermordet.
Auf Anfrage dieser Redaktion
wiederholt Najadi solche Aus-
sagen, hetzt gegen Menschen
jüdischen Glaubens und schickt
mehrere Gesetzesartikel aus den
USA mit. Er schreibt von einer an-
geblichen US-Space-Force-Adres-
se aus, die mit «JFK» beginnt: «Sie
wissen, dass Sie unter unserer
vollen militärischen Kriegsbefug-
nis des Präsidenten stehen, der
die Presse kontrolliert und zen-
siert», schreibt er auf Englisch.
Auch diese E-Mail werde von der
Space Force überwacht. Erneut
schreibt er am Schluss: «Since-
rely, John F. Kennedy, früher auch
bekannt als Pascal Najadi».
Die Idee vom «Deep State»
Sektenexperte Georg Otto Schmid
sagt, Najadi vertrete die typischen
QAnon-Lehren. Die QAnon-Ver-
schwörungstheorie übe eine An-
ziehungskraft auf Menschen aus,
die den Medien und der Wissen-
schaft misstrauten und sich selbst
für etwas Höheres berufen fühl-
ten, sagt Schmid. «Nun hält er
sich ja sogar für Kennedy – was
schon viele vor ihm taten.»
Von dem Verschwörungs-
mythos sind in dessen Geburts-
land USA 15 bis 20 Prozent der
US-Bevölkerung fest überzeugt.
In der Schweiz zeigte eine Studie
der Universität Basel von 2022,
dass ungefähr jeder Zehnte fest
an eine Verschwörungstheorie
glaubt. Besonders die Idee eines
«Deep State», einer geheimen Eli-
te im Untergrund, die Kinder
missbrauchen soll, habe sich
auch in Europa breitgemacht, er-
klärt Sektenexperte Schmid.
Die Anfänge der QAnon-Bewe-
gung finden sich in den USA und
gehen auf einen panischen Post
von Ende Oktober 2017 zurück.
Ein User namens «Q clearance
patriot», kurz Q, sagte auf der
Internetplattform «4chan» Mas-
sentumulte voraus. Der Beitrag
nahm auf ein Treffen des dama-
ligen Präsidenten Donald Trump
mit hochrangigen Mitgliedern
des Militärs im Weissen Haus
Bezug, welches Q als die «Ruhe
vor dem Sturm» bezeichnete. Q
wechselte bald zur Plattform
«8kun», die oft wegen rechts-
extremer, rassistischer und mi-
sogyner Inhalte kritisiert wird.
Die Verschwörungstheorie hat
während der Corona-Pandemie
zunehmend Aufschwung erhal-
ten – auch in der Schweiz. Und
hat sich seither auch ohne den
User Q verselbstständigt. In den
USA wuchs sie gar zu einer poli-
tischen Kraft der Ultrarechten,
die in der Vergangenheit bewies,
dass ihre Anhängerinnen und
Anhänger Gewalt als legitimes
Mittel zur Durchsetzung eigener
Ziele betrachten. Stellvertretend
dafür stehen die Ereignisse beim
Sturm auf das Capitol in Wa-
shington am 6. Januar 2021:
QAnon-Anhänger waren in der
vordersten Reihe mit dabei.
2022 fanden ein Schweizer
Start-up und ein französisches
Forschungsteam unabhängig
voneinander heraus, dass hinter
den Posts von Q ein ameri-
kanischer Webadministrator na-
mens Ronald Watkins und ein
südafrikanischer Journalist und
Rechtsaktivist namens Paul
Furber stecken könnten. Die An-
hänger von Q interessierten sich
dafür allerdings wenig.
Präsidentschaftskandidat Do-
nald Trump hat sich bis heute
nicht von der Bewegung distan-
ziert. Im Gegenteil: In der Ver-
gangenheit wiederholte Trump
Beiträge und Videos der Anhän-
gerschaft auf Twitter. Sekten-
experte Georg Otto Schmid:
«Wenn Trump wiedergewählt
wird, könnte das der QAnon-Ver-
schwörung neuen Aufschwung
geben. Auch hierzulande.»
«Purer Antisemitismus»
Von der Corona-Desinformation
zur Angst vor dem «Great Reset»,
dem Umbau der Gesellschaft
durch «die da oben» – diesen
Weg scheint auch Najadi durch-
gemacht zu haben. Wobei er die
Impfung immer wieder als Teil
des Plans der «Satanisten» und
die WHO als Teil der «geheimen
Elite» darstellt.
Besonders brisant: Pascal
Najadi sticht mit seinen extrem
antisemitischen Botschaften
heraus. In einem kürzlich auf
Rumble hochgeladenen Video
markierte er verschiedene Wis-
senschafterinnen, Politiker und
Wirtschaftsführer mit dem
Judenstern. Er legt zudem
Schiessgeräusche über die Bil-
der der Personen und lässt sie
dann per Animation quasi in sich
auflösen. Die Message dahinter
ist klar.
Der Schweizerische Israelitische
Gemeindebund kennt Pascal
Najadi bereits seit Beginn der
Corona-Pandemie. Dass er sich
so radikalisiert hat, war ihm aber
noch nicht bewusst. «Das, was
er sagt und verbreitet, ist purer
Antisemitismus», sagt General-
sekretär Jonathan Kreutner.
Die grosse Gefahr gehe nicht
unbedingt von Pascal Najadi
selbst aus, sondern von seinen
Anhängerinnen und Anhängern.
«Es braucht nur eine Person,
die sich von den Botschaften an-
gesprochen fühlt und zur Tat
schreitet», warnt Kreutner. Die
Tatsache, dass ein 15-jähriger
Täter aus Zürich im März einen
orthodoxen Juden angegriffen
hat und sich dabei auf den IS be-
rufen habe, verdeutliche die Ge-
fahr. Die Behörden müssten ak-
tiv werden.
Auch die Eidgenössische
Kommission gegen Rassismus
(EKR) betont, dass einige Äus-
serungen von Najadi strafrecht-
lich relevant sind und gegen die
Diskriminierungsstrafnorm ver-
stossen könnten. Es sei Aufgabe
der Staatsanwaltschaft, dies zu
überprüfen. Die Geschäftsfüh-
rerin der EKR, Alma Wiecken,
sagt: «Würden uns über unsere
Meldeplattform ‹Report Online
Hate Speech› solche strafrecht-
lich relevanten Inhalte gemeldet,
würden wir eine Anzeige er-
statten.» Über die Plattform für
rassistische Online-Hassrede
wurden der EKR im Jahr 2023
insgesamt 191 rassistische In-
halte gemeldet.
Verstösse gegen die Antiras-
sismusstrafnorm sind in der
Schweiz eigentlich Offizialde-
likte. Wenn die Polizei oder die
Staatsanwaltschaft Kenntnis
vom Fall haben, müssen sie von
Amtes wegen aktiv werden. Ver-
antwortlich ist jeweils die Be-
hörde des Ortes, in dem die mut-
massliche Straftat verübt wurde.
Nur: In Interviews sagt Pascal
Najadi manchmal, er befinde sich
in Genf, dann ist er angeblich in
den USA oder an einem Ort, der
nicht genannt werden dürfe.
Fedpol oft machtlos
Kann der genaue Tatort nicht
ermittelt werden, wie es im
Internet häufig der Fall ist, sind
die kantonalen Behörden des
Wohnortes verantwortlich. Re-
cherchen zeigen, dass Pascal Na-
jadi seinen Wohnsitz im Wallis
haben könnte. Die zuständige
Generalstaatsanwältin Béatrice
Pilloud teilt auf Anfrage jedoch
mit, dass bisher noch keine Akte
zu Najadi angelegt wurde.
Online-Hassrede war Ende
2023 Thema eines Berichts des
Bundesrates auf ein Postulat der
Sicherheitspolitischen Kommis-
sion des Ständerates. Darin warnt
der Bundesrat, dass Hassrede den
Zusammenhalt und die öffentli-
che Sicherheit demokratischer
Gesellschaften gefährde und zur
Radikalisierung von Individuen
beitrage. «Hass online kann in
Gewalt offline umschlagen oder
zumindest die Schwelle für Ge-
walttaten senken», heisst es.
Auf Anfrage betont das Fed-
pol, dass es die Entwicklung zur
Hassrede auf Social Media «auf-
merksam verfolgt». Da sich aber
die Daten in der Regel auf aus-
ländischen Servern befänden, er-
halte die Frage der Rechtsdurch-
setzung eine internationale
Dimension, schreibt eine Spre-
cherin. «Die Aussicht auf eine
erfolgreiche Strafverfolgung
wird damit stark minimiert.»
Leider erreicht Najadi mit seinen diversen, teils auch englischsprachigen Kanälen auf verschiedenen sozialen Medien wohl eher Hunderttausende als Zehntausende.
Im Übrigen ist Najadi nicht nur ein Ex-Banker, sondern war auch Produzent des Dokumentarfilms "Grounding" über den Untergang der Swissair, der seinerzeit in den Schweizer Kinos lief.
Heute hält er sich nicht nur für den neuen Commander Jansen, sondern gleich für
die Reinkarnation von John F. Kennedy. Dass er so vollkommen übergeschnappt ist, kann nicht allzu lange her sein; immerhin hat er sich laut dem Bericht in der ersten Phase der Corona-Pandemie sogar mehrmals impfen lassen...
Wie reagiert nun die Schweiz auf die Tatsache Pascal Najadi? Typisch schweizerisch mit viel Expertenblabla à la "Wir haben Kenntnis davon", "schon schlimm", "es ist ein Offizialdelikt" und "Es reicht schon, wenn ein einzelner Anhänger sich angestiftet fühlt". Passiert ist leider anscheinend seither nichts, Najadi wird locker-flockig weiter in Ruhe gelassen.