Durchs Werbefernsehen weit verbreitet wurde ja einmal die Idee, Strom sei gelb. Mindestens (und wahrscheinlich genau) zwei in Hessen ansässige Steuerpflichtige vertraten hingegen die weniger verbreitete Ansicht, Preußen sei gelb. Oder jedenfalls die preußische Staatsangehörigkeit. Jedenfalls legten sie gegen einen Einkommensteuerbescheid Einspruch unter anderem mit der Begründung ein, sie besäßen 'die "gelbe" Staatsangehörigkeit'. Nachdem das Finanzamt davon nicht überzeugt war, zogen sie mit einer Klage und einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung vor Gericht und führten nunmehr aus, sie seien 'seit Frühjahr 2015 "preußische Staatsbürger"'. Da die restlichen Gründe, die sie gegen ihre Einkommensteuerpflicht anführten, keine besseren waren, wies das FG Hessen (Beschluss vom 23.10.2015 - 10 V 1475/15) ihren Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab. Über die Klage ist anscheinend noch nicht entschieden, jedenfalls konnte ich bisher keine Entscheidung darüber finden. Da auch der Beschluss, den es schon gibt, offenbar noch nicht frei im Netz verfügbar ist, stelle ich den Text mal hier ein:
I. Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 2014 auszusetzen ist.
Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Durch Einkommensteuerbescheid vom ... 2015 wurden die Antragsteller (AS) für das Streitjahr 2014 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt (vgl. Blatt FA-Akte). Gegen diesen Steuerbescheid legten sie mit Schreiben vom ... 2015 Einspruch ein. Als Begründung Ihres Einspruches führten die AS im Wesentlichen aus:
Seit ... 2015 würden sie die "gelbe" Staatsangehörigkeit besitzen und somit nicht mehr der „BRD – GmbH“ angehören. Sie forderten das Finanzamt auf, die Legitimation für das Versenden von Steuerbescheiden und die Erhebung von Steuern nachzuweisen. Die Existenz der Bundesrepublik Deutschland (BRD) wird seitens der AS verneint. Die Einheit Deutschlands sei durch die Wiedervereinigung 1990 nicht vollendet worden, da dazu das gesamte Reichsgebiet in den Grenzen vom 31. Dezember 1937 gehören müsse. Letztlich seien die Steuergesetze der Bundesrepublik Deutschland, einschließlich des Einkommensteuergesetzes (EStG) und der Abgabenordnung (AO) daher als nichtig anzusehen, so dass keine Steuerpflicht aus diesen Gesetzen für sie hergeleitet werden könne. Sämtliche Steuergesetze könnten letztlich nicht gelten, weil das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Grundgesetz (GG) nicht beachtet worden sei. Verwaltungsakte, also auch Steuerbescheide, die auf nichtigen Gesetzen beruhten, seien ebenfalls als nichtig anzusehen und deshalb aufzuheben. Im Übrigen wird auf das Einspruchsschreiben der AS vom ... 2015 (Blatt 59 ff. FA-Akte) Bezug genommen.
Durch Einspruchsentscheidung vom ... 2015 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen und gleichzeitig auch ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt. In seiner ablehnenden Entscheidung führt das Finanzamt aus, dass die AS in der BRD als unbeschränkt steuerpflichtig anzusehen seien. Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig seien alle Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hätten; gleichgültig sei, ob sie die deutsche Staatsangehörigkeit hätten. Am Fortbestand der Bundesrepublik Deutschland und damit des deutschen Staates habe sich auch nach dem Beitritt der DDR und durch die Verträge und Rechtsänderungen in diesem Zusammenhang nichts geändert. Es sei daher abwegig, eine Staatsangehörigkeit des Deutschen Reiches für sich zu proklamieren und damit die Unzuständigkeit der Finanzbehörden und die fehlende eigene Steuerpflicht zu begründen. Auch sei weder von der Nichtigkeit der Steuergesetze noch von der Nichtigkeit des Einkommensteuerbescheides 2014 auszugehen. Ergänzend wird auf die Ausführungen des Antragsgegners (AG) in der Einspruchsentscheidung verwiesen (Blatt 82 ff. FA-Akte).
Hiergegen haben die AS am ... 2015 beim erkennenden Senat Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen 10 K 1133/15 anhängig ist.
Mit Schreiben vom ... 2015 haben sie nunmehr auch bei Gericht einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt.
Zur Begründung ihres Antrages nehmen die AS im Wesentlichen Bezug auf ihre Ausführungen in der Klageschrift, die weitestgehend den Ausführungen in der Einspruchsbegründung entsprechen. Ergänzend wird noch vorgetragen:
Da sie seit Frühjahr 2015 "preußische Staatsbürger" seien, hätten sie mit der Firma „BRD – GmbH“ nichts zu tun. Durch die Vorlage eines entsprechenden Staatsangehörigenausweises, der von der zuständigen Staatsangehörigkeitsbehörde ausgestellt worden sei, habe man dies auch nachgewiesen. Gemäß § 1 Abs. 2 EStG seien aber nur deutsche Staatsangehörige steuerpflichtig. Geschäftsbeziehungen mit der "BRD – GmbH" hätten sie nicht begründet. Auch nach dem Einigungsvertrag sei die BRD lediglich als privatrechtliche Personenvereinigung anzusehen. Die BRD sei kein Staat, es gebe keine Staatsangehörigen und folglich auch keine Steuerpflichtigen und keine Steuerpflicht. Infolge des Firmencharakters der BRD könnten Beziehungen ihrerseits hierzu nur durch entsprechende Vertragsabschlüsse begründet werden. Solche vertraglichen Beziehungen seien sie aber zu keinem Zeitpunkt eingegangen. Vor Zuerkennung ihrer "preußischen Staatsbürgerschaft" habe man lediglich irrtümlich eine Einkommensteuererklärung beim Finanzamt abgegeben.
Ergänzend wird auf die Antragsschrift vom ... 2015 und die Klageschrift vom ... 2015 Bezug genommen.
Die AS beantragen sinngemäß,
die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ... 2015 auszusetzen.
Der AG beantragt, den Antrag abzuweisen.
Unter Bezugnahme auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung ist der AG nach wie vor der Ansicht, dass die AS zweifelsohne unbeschränkt steuerpflichtig seien.
Dem Senat lagen die die Kläger betreffenden Einkommensteuerakten 2014 sowie die Gerichtsakte 10 K 1133/15 vor.
II. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hat keinen Erfolg.
Nach § 69 Abs. 3 S. 1 in Verbindung mit Abs. 2 S. 2 und S. 7 Finanzgerichtsordnung (FGO) soll das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen beziehungsweise dessen Vollziehung aufheben, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Rechtmäßigkeit eines Steuerbescheides ist ernstlich zweifelhaft, wenn bei Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund der präsenten Beweismittel, der gerichtsbekannten Tatsachen und des unstreitigen Sachverhaltes erkennbar ist, dass aus gewichtigen Gründen Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Sachverhaltsfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Bescheid als rechtswidrig erweisen könnte (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhof – BFH – vom 12. November 1992 XI B 69/92 in Bundessteuerblatt – BStBl – II 1993, 263 mit weiteren Nachweisen; Koch in Gräber, Kommentar zur FGO, 7. Auflage, § 69 Anmerkung 86 mit weiteren Nachweisen).
Bei Anwendung dieser Grundsätze hat der Antrag keinen Erfolg.
Der angegriffene Steuerbescheid erweist sich vielmehr als rechtmäßig und verletzt die AS nicht in ihren Rechten.
Der AG weist zutreffend darauf hin, dass die AS als unbeschränkt steuerpflichtig anzusehen sind, da sie im Inland einen Wohnsitz unterhalten (vgl. dazu § 8 AO, § 1 Abs. 1 EStG). Diese gesetzlichen Grundlagen der AO und des EStG sind unter Beachtung zur Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungshoheit ergangen (vgl. Art. 105 ff. GG) und gelten auch für die AS.
Soweit die AS Einwendungen gegen die Existenz der BRD als Staat erheben und von einer Firma „BRD“, für die das HGB anzuwenden sei, ausgehen, ist dieses Vorbringen als abwegig anzusehen.
Die AS, die im Inland ihren Wohnsitz haben, unterliegen der Rechtsordnung und den Steuergesetzen der BRD, die entgegen ihrer Auffassung auch nach dem Beitritt der DDR bis heute völker- und staatsrechtlich fortbesteht (vgl. z. B. Urteil des Hessischen Finanzgerichts (FG) vom 12. Dezember 2002 1 K 2474/02, veröffentlicht in juris). Auf die dortigen Ausführungen wird verwiesen. Am Fortbestand der BRD und damit des deutschen Staates hat sich auch durch den Beitritt der DDR und die Verträge und Rechtsänderungen im Zusammenhang damit nichts geändert. Die BRD ist der gegenwärtige deutsche Staat. Sie ist als Staat die heutige rechtliche und tatsächliche Erscheinungsform Deutschlands (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG – vom 26. Oktober 2004 2 BvR 955/00 und 2 BvR 1038/01, Entscheidungen des BVerfG 112, 1 ff.; Urteil des FG Baden-Württemberg vom 27. November 2013 4 K 3798/10, veröffentlicht in juris; Urteil des FG Münster vom 14. April 2015, 1 K 3123/14F, veröffentlicht in juris, jeweils m. w. N.).
In diesem Zusammenhang hat auch der BFH durch Beschluss vom 28. April 2010 VI B 167/09, BStBl II 2010, 747, entschieden, dass die Fortgeltung des Grundgesetzes nach dem Beitritt der ehemaligen DDR zur BRD nicht ernstlich zweifelhaft ist und selbst im Falle der Annahme einer „Legitimationslücke“ seitens des Verfassungsgebers bzw. des Fehlens eines plebiszitären Legitimationsaktes dies nicht zur Folge haben kann, bis zum Ergehen eines solchen Legitimationsaktes die tatsächliche Staatspraxis des Erlasses von Gesetzen auf der Grundlage des Grundgesetzes außer Acht zu lassen und auf deren Grundlage erlassene Verwaltungsakte als rechtswidrig zu verwerfen (vgl. in diesem Sinne auch Urteil des FG Sachsen-Anhalt vom 19. Februar 2013, 5 K 1027/11, EFG 2013, 1158; Urteil des FG Hamburg vom 19. April 2011, 3 K 6/11, EFG 2011, 2189 sowie Urteil des Hessischen FG vom 22. September 2010; 6 K 134/08, veröffentlicht in juris).
Die AS wenden auch zu Unrecht ein, die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Steuergesetze, hier die AO und das EStG, seien verfassungswidrig und daher unwirksam, da der Gesetzgeber gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen habe.
Soweit die genannten Gesetze zu Eingriffen in die Vermögenssphäre des Steuerpflichtigen ermächtigen, stellen sie sich als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentumsrechts dar, das nicht dem Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG unterliegt (vgl. dazu auch Urteil des FG Hamburg vom 19. April 2011, 3 K 6/11, EFG 2011, 2189; Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 17. Januar 2013, 7 K 7303/11, EFG 2013, 723; Beschluss des BFH vom 17. Januar 2013; II E 19/12, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH –BFH/NV– 2013, 586).
Im Übrigen ergeben sich nach Aktenlage keine Anhaltspunkte für Rechtsfehler des angefochtenen Bescheides.
Eine Aussetzung der Vollziehung kommt auch nicht im Hinblick auf den Aussetzungsgrund der „unbilligen Härte“ in Betracht. Eine solche unbillige nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte liegt vor, wenn dem Steuerpflichtigen durch die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts wirtschaftliche Nachteile drohen, die nicht oder schwer wieder gutzumachen sind oder wenn die Vollziehung zu einer Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz führen würde (vgl. Koch in Gräber, Kommentar zur FGO, 7. Aufl., § 69 Anm. 105). Solche Gründe werden von den AS nicht geltend gemacht und sind nach Aktenlage auch nicht erkennbar.
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung war daher mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.