Autor Thema: Buchführungsunterlagen? Reichsdeppenargumente!  (Gelesen 1592 mal)

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Offline Ceilo

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Buchführungsunterlagen? Reichsdeppenargumente!
« am: 26. August 2015, 21:42:17 »
Ein braver Mann war ein Versicherungsvertreter aus Baden-Württemberg erst einmal, denn er reichte seine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2006 fristgemäß zum 16. Mai 2007 beim zuständigen Finanzamt ein. Das setzte die Steuer dann ebenfalls brav gemäß der Steuererklärung fest. Dann tat das Finanzamt aber etwas, was dem braven Mann wohl weniger brav erschien: Es ordnete eine Außenprüfung an und forderte ihn zur Vorlage von Buchführungsunterlagen auf. Der brave Versicherungsvertreter tat erst einmal gar nichts, jedenfalls legte er keine Unterlagen vor. Der Betriebsprüfer wollte daher nun nicht mehr brav sein und gelangte "zu der Auffassung, dass die Betriebsausgaben des Kl im Schätzungswege um 30.000 EUR zu kürzen seien", was auch zu einem entsprechenden Änderungsbescheid des Finanzamts führte.

Nun wollte auch der Versicherungsvertreter nicht mehr brav sein, legte Einspruch ein und trug zur Begründung vor, "die Bundesrepublik Deutschland sei nicht existent, weshalb auch kein Recht auf Besteuerung des Kl bestehe". Durch seinen "damaligen Prozessbevollmächtigten" (Prozessbevollmächtigte von Reichsdeppen sind verhältnismäßig oft "damalig") legte er immerhin auch eine Gewinnermittlung vor. Zu der hatte das Finanzamt allerdings einige Fragen, die der Versicherungsvertreter aber nicht beantwortete. So lehnte das Finanzamt seinen Einspruch eben ab, wobei es auf die angebliche Nichtexistenz der Bundesrepublik wohl eher kurz einging.

Nun zog der ehemals brave Mann eben vors Finanzgericht und führte dort neben der Nichtexistenz der Bundesrepublik noch (wohl hilfsweise) an, EStG und AO seien nichtig, daher auch Einkommensteuerbescheid und Einspruchsentscheidung. Dafür hatte er zwei Begründungen, erstens die wohlbekannte, diese Gesetze verstießen gegen das Zitiergebot aus § 19 Abs. 1 Satz 2 GG, zweitens die originellere, sie verstießen "gegen das Gebot der Publikation von Gesetzen gemäß Art. 82 GG".

Das Finanzgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 27.11.2013 - 4 K 3798/10) war wenig beeindruckt. Nach einem Hinweis darauf, dass die Schätzung des Finanzamts der Höhe nach in Ordnung sei, verwies es, was Steuergesetze und Zitiergebot angeht, auf die recht umfangreiche Rechtsprechung dazu hin. Zum Publikationsverbot fand es noch weniger Worte: "Entgegen der Auffassung des Kl wurden diese Gesetze in der für den Streitzeitraum maßgeblichen Fassung in Übereinstimmung mit dem Publikationsgebot des Art. 82 GG ordnungsgemäß im Bundesgesetzblatt veröffentlicht". Und was die Existenz der Bundesrepublik Deutschland angeht, sagte es kurz, bündig und korrekt (wobei es da auch noch weitere Ausführungen machte und Rechtsprechung zitierte): "Die Bundesrepublik Deutschland ist der gegenwärtige deutsche Nationalstaat. Sie ist als Staat mit dem früheren Deutschen Reich identisch und ist dessen heutige rechtliche und tatsächliche Erscheinungsform". Ob der brave Mann seine Steuern nun wohl gezahlt hat? Oder ist er noch zum BFH, BVerfG, EGMR, Grobgünstigen Narrengericht zu Stocken oder sonstwohin gegangen? Hinweise auf ein Nachinstanzverfahren finde ich allerdings keine.

http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&nr=17963
 
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