Autor Thema: Reichsbürger dürfen nicht Schöffen sein  (Gelesen 3458 mal)

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Offline aargks

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Reichsbürger dürfen nicht Schöffen sein
« am: 19. Dezember 2014, 14:29:27 »
Das OLG Dresden hat am 8.12. einen Schöffen des Amtes enthoben (grrr, wie füg ich denn hier ein PDF ein?), der sowieso selbst vorher schon den Antrag gestellt hat.

Zitat
Aktenzeichen: 2(S) AR 37/14
BESCHLUSS
In dem Amtsenthebungsverfahren gegen
xxx
wegen: Enthebung vom Schöffenamt
hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Dresden
am 08.12.2014
beschlossen:
Der Schöffe xxx wird seines Amtes enthoben.
Gründe:
I.
Der Vorsitzende der 4. Strafkammer des Landgerichts Chemnitz hat am 5. November 2014
beantragt, den in der Beschlussformel bezeichneten und seiner Kammer zugelosten
Schöffen des Amtes zu entheben, weil der Schöffe seine Amtspflichten gröblich verletzt
habe
.
Bei dem Schöffen handelt es sich um einen sogenannten „Reichsbürger“. Der Schöffe ist
bereits durch das Landgericht Chemnitz angehört worden. Hierbei hat er angegeben, dass er
die Bundesrepublik Deutschland und ihre Gerichte nicht anerkenne. Den Eid habe er
geleistet, ohne sich mit dessen Inhalt auseinanderzusetzen. Seinen Bundespersonalausweis
habe er zurückgegeben; er weise sich mit seinem Reisepass aus, weil darauf der Adler - wie
der Reichsadler - mit sieben Federn pro Schwinge abgebildet sei.

Der Schöffe hat seine Entpflichtung auch bereits selbst mit Schreiben vom 16. September
2014 beantragt. Er begründet seinen Antrag mit aus dem Internet kopierten und für die
Argumentation von „Reichsbürgern“ typischen Textpassagen, in denen die Existenz der
Bundesrepublik Deutschland bestritten und der Fortbestand des Deutschen Reiches
behauptet wird.
Aufgrund Senatsbeschlusses gemäß § 51 Abs. 3 Satz 1 GVG vom 20. November 2014 ist
der Schöffe bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache nicht zu Sitzungen heranzuziehen.
Der Schöffe hatte Gelegenheit zur Stellungnahme; er hat sich nicht weiter geäußert.
Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat eine Amtsenthebung befürwortet.
II.
Der Schöffe ist auf Antrag des Vorsitzenden der 4. Strafkammer des Landgerichts Chemnitz
(§ 51 Abs. 2 Satz 1, 77 Abs. 3 Satz 3 GVG) des Amtes zu entheben, weil er seine
Amtspflichten gröblich verletzt hat (§ 51 Abs. 1 GVG).
Die sogenannten „Reichsbürger“ wollen den Fortbestand des Deutschen Reiches beweisen.
Sie bestreiten die Existenz der Bundesrepublik Deutschland als Staat, die Geltung des
Grundgesetzes und des einfachen Rechts sowie die Legitimität der handelnden Gerichte und
Behörden (vgl. Caspar/Neubauer, LKV 2012, 529).
Ehrenamtliche Richter unterliegen einer besonderen Pflicht zur Verfassungstreue. Dies folgt
aus der Funktion ehrenamtlicher Richter als den hauptamtlichen Richtern gleichberechtigte
Organe genuin staatlicher Aufgabenerfüllung. Deshalb haben die Landesjustizverwaltungen
streng darauf zu achten, dass zum ehrenamtlichen Richter nur Personen ernannt werden
dürfen, die die Gewähr dafür bieten, dass sie die ihnen von Verfassungs und Gesetzes
wegen obliegenden, durch den Eid bekräftigten richterlichen Pflichten jederzeit
uneingeschränkt erfüllen werden (BVerfG NJW 2008, 2568).
§ 44 Abs. 2 DRiG bestimmt, dass ehrenamtliche Richter vor Ablauf ihrer Amtszeit nur unter
den gesetzlich bestimmten Voraussetzungen und gegen ihren Willen nur durch Entscheidung
eines Gerichts abberufen werden können. Zudem enthalten die §§ 32, 33 GVG keinen
Tatbestand, unter den die Verletzung der Verfassungstreuepflicht subsumiert werden könnte.
Der Gesetzgeber hat vor diesem Hintergrund für Schöffen in § 51 GVG eine den anderen
Verfahrensordnungen entsprechende gesetzliche Regelung zur Amtsenthebung (§ 27
ArbGG, § 113 GVG, § 22 SGG) und zur Entbindung vom Amt (§ 24 VwGO, § 21 FGO)
geschaffen (BT-Drs. 17/3356, S. 16 f.).
Ein Schöffe, der die freiheitliche demokratische, rechts- und sozialstaatliche Ordnung
ablehnt, ist deshalb des gemäß § 51 Abs. 1 GVG seines Amtes zu entheben (vgl.
Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 57. Aufl. § 51 GVG Rdrn. 1). Diese Voraussetzungen sind bei
einem sogenannten „Reichsbürger“ erfüllt.

(Fettung von mir)

Frage an die Juristen hier: Hat das Konsequenzen für den abgelehnten Schöffen oder zuckt der Staat mit den Schultern und lässt ihn gehen?

 
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Offline Der Plöngler

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Re: Reichsbürger dürfen nicht Schöffen sein
« Antwort #1 am: 19. Dezember 2014, 14:38:50 »
Schöner Beitrag das!

An welche Konsequenzen denkt er da? Das Reichsdeppensein ist per se bisher nicht strafbar.


.... übrigens eine wunderbare Methode dem für viele Menschen (Freiberufler) lästige Pflicht-Amt des Schöffen zu entgehen.
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Offline aargks

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Re: Reichsbürger dürfen nicht Schöffen sein
« Antwort #2 am: 19. Dezember 2014, 14:45:35 »
Schöner Beitrag das!

An welche Konsequenzen denkt er da? Das Reichsdeppensein ist per se bisher nicht strafbar.


.... übrigens eine wunderbare Methode dem für viele Menschen (Freiberufler) lästige Pflicht-Amt des Schöffen zu entgehen.

Ich denke an Konsequenzen wie eine Geldstrafe zum Beispiel, wenn man sich der Schöffenpflicht entzieht. Gibt's sowas?
 

Offline hair mess

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Re: Reichsbürger dürfen nicht Schöffen sein
« Antwort #3 am: 19. Dezember 2014, 14:52:50 »
Wenn Du enthoben bist, brauchst Du auch nicht erscheinen. Wenn Du zum Schöffen ernannt bist und unentschuldigt einem Verfahren fern bleibst, weil Du das Gericht nicht anerkennst, kann es teuer werden, weil Du die Kosten des wegen Dir und Deinen Fernbleibens geplatzten Verfahrens tragen musst.
War selbst schon mal Schöffe beim LG  und einmal Ersatzschöffe beim benachbarten AG. Da hieß es immer, alles stehen  und liegen lassen und rüber ans Gericht, damit das Verfahren nicht platzt. Aber nur wenn der Schöffe ausreichend davor entschuldigt war. Wenn ein Schöffe einfach nicht kommt, platzt das Verfahren und der trägt die Kosten. Wurde uns jedenfalls so erklärt. 
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Offline aargks

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Re: Reichsbürger dürfen nicht Schöffen sein
« Antwort #4 am: 19. Dezember 2014, 15:04:32 »
danke hair mess! War ich wohl zu naiv (oder hab gehofft, dass man nen Reichsdepp auch so mal drankrigen kann).
 

Offline hotztheplotz

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Re: Reichsbürger dürfen nicht Schöffen sein
« Antwort #5 am: 19. Dezember 2014, 15:36:41 »
.... übrigens eine wunderbare Methode dem für viele Menschen (Freiberufler) lästige Pflicht-Amt des Schöffen zu entgehen.

Muss man sich nicht für das Schöffenamt bewerben?
Ein Familienmitglied hat das letztens getan und die Bewerberliste war (warum auch immer) auch Gegenstand einer Stadtratssitzung.
 

Offline Hank

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Re: Reichsbürger dürfen nicht Schöffen sein
« Antwort #6 am: 19. Dezember 2014, 15:45:58 »
Ich war eine Periode Schöffe am LG, hatte mich damals auch dafür beworben.
 

Offline hair mess

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Re: Reichsbürger dürfen nicht Schöffen sein
« Antwort #7 am: 19. Dezember 2014, 15:47:44 »
In Bayern geben die Kommunen Vorschlagslisten ab. Aus denen werden die Schöffen gewählt. In meinem Teil von Bayern gibt es meist zu wenig Freiwillige für die Listen, so dass sie aus dem Kreis der bekannt aktiv und engagierten Bürger die Listen auffüllen. So kam ich drauf. Ohne freiwillige Meldung. 
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Offline Hank

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Re: Reichsbürger dürfen nicht Schöffen sein
« Antwort #8 am: 19. Dezember 2014, 15:50:47 »
Okay... kann sein, bin auch in Bayern, hier gibt es aber zumindest im Moment keine Probleme die Schöffenpositionen zu besetzen
 

Offline kairo

Re: Reichsbürger dürfen nicht Schöffen sein
« Antwort #9 am: 19. Dezember 2014, 16:16:36 »
Muss man sich nicht für das Schöffenamt bewerben?

Man kann. Wenn es nicht genug Freiwillige gibt, lost die Verwaltung Leute aus. ("Man bestimme einen Freiwilligen!")
 

Offline hair mess

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Re: Reichsbürger dürfen nicht Schöffen sein
« Antwort #10 am: 20. Dezember 2014, 00:14:55 »
Okay... kann sein, bin auch in Bayern, hier gibt es aber zumindest im Moment keine Probleme die Schöffenpositionen zu besetzen
Meine erste Berufung ist fast 26 Jahre her.
O Gott, bin ich alt.
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Offline BlueOcean

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Re: Reichsbürger dürfen nicht Schöffen sein
« Antwort #11 am: 20. Dezember 2014, 00:26:04 »
Eine gerichsfeste Bestätigung mangelnder Verfassungstreue ist aber nun auch nicht gerade schmückend. Da zweifele ich doch, dass jemand so etwas wirklich anstrebt, nur um der Schöffenpflicht zu entgehen.

Ehrlich finde ich in dem Fall sogar gut, dass der Knabe sich selbst "abgemeldet" hat. Allemal besser jedenfalls als wenn so jemand unerkannt in der Verantwortungs- und auch Machtposition eines Schöffen agiert.
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