„Das ist ein Desaster für uns“
Nazi-Musik lief tagelang auf beschaulichem Weihnachtsmarkt – Staatsschutz ermittelt
Von Christine Meyer
18.12.2025, 23:00 Uhr
Auf einem niedersächsischen Weihnachtsmarkt soll verbotene Musik gelaufen sein. Der Staatsschutz ermittelt.
Auf einem Weihnachtsmarkt im niedersächsischen Otterndorf soll an mehreren Tagen hintereinander rechtsextreme Musik mit volksverhetzenden und antisemitischen Texten abgespielt worden sein. Die Polizei in Cuxhaven ermittelte nach eigenen Angaben vom Dienstag unter anderem aufgrund entsprechender Videobeiträge in sozialen Netzwerken. Abgespielt wurden demnach auch Lieder der gerichtlich als kriminelle Vereinigung eingestuften deutschen Neonaziband Landser. Die Täter sind unbekannt.
Die Musik wurde über die offizielle Anlage des Sternenmarkts verbreitet, wie ein Sprecher der Polizei berichtete: „Es ist nicht so, dass das aus irgendeiner Bluetooth-Box oder auf einem Handy lief.“ Die Stadt hatte einen Dienstleister beauftragt, die Musik für den Weihnachtsmarkt zu übernehmen.
Nazi-Musik lief am ganzen Wochenende in Otterndorf
Nach Angaben der Beamten ergaben sich bei den bisherigen Ermittlungen Hinweise darauf, dass die Musik nicht nur am vergangenen Freitag, sondern auch am Samstag und Sonntag abgespielt wurde. Ob die Musik auch an diesen Tagen ebenfalls wie am Freitag aus der Anlage kam, ist noch unklar. Laut „cnv-medien.de“ soll die Anlage am Samstag bereits abgebaut worden sein. Möglicherweise hätten „Trittbrettfahrer“ mobile Boxen genutzt, so die Stadt. Dies müsse jetzt ermittelt werden.
Spoiler
Nun suchen die Ermittler Zeugen, die nähere Angaben zu den genauen Umständen vor Ort machen können. Sie werden gebeten, sich unter der Nummer 04721 5730 bei der Polizei zu melden. Berücksichtigt man die Umstände, sollten dies eigentlich viele Menschen tun. Außerdem werten die Beamten Hinweise aus, die sie über soziale Netzwerke bekommen haben. Dort hatten sich entsprechende Videos verbreitet.
Neben Liedern der Gruppe Landser waren wohl auch Stücke einer nicht genannten Band zu hören, die „bekannte Volkslieder unter anderem mit volksverhetzenden und antisemitischen Texten umdichtet“. Der Staatsschutz ermittelt wegen Volksverhetzung sowie Verstößen gegen den Jugendschutz.
Facebook-Kommentare machen sich über Ermittlungen lustig
Die Gemeinde wandte sich am Montag an die Öffentlichkeit und postete bei Facebook Informationen über das Ereignis. „Wir distanzieren uns ausdrücklich von jeglicher Form von Extremismus“, teilte die Stadt mit. Offenbar zeigte sie selber den Vorfall an. Unter dem Facebook-Post entspinnt sich mittlerweile eine rege Diskussion darüber, welche Musik und Texte genau abgespielt wurden. Vieles sei ja öffentlich zugänglich, so der Tenor.
Entsetzen darüber, dass hetzerische Songs auf einem Weihnachtsmarkt zu hören waren, ist in den Kommentaren wenig zu bemerken. „Ich würde mir hier eine Moderation wünschen. Meldungen zu dem Thema werden umso beängstigender für von Rassismus betroffene Familien, wenn die Kommentare noch Öl ins Feuer gießen und das Ganze legitimiert wird“, ist dann doch eine Gegenstimme zu vernehmen.
Wie Medien berichten, soll unter anderem die umgedichtete Liedzeile „An der Nordseeküste, am arischen Strand“ zu hören gewesen sein, wie ein Polizeisprecher bestätigte. Im Original von Klaus und Klaus heißt es „An der Nordseeküste, am plattdeutschen Strand“, der Song ist ein beliebter Mitgröhl-Hit in Norddeutschland.
Image-Schaden für Otterndorf
Der Otterndorfer Stadtdirektor Frank Thielebeule sagte der „Bild“-Zeitung: „Das ist ein Desaster für uns. Wir haben hier seit vielen Jahren einen erfolgreichen und friedlichen Weihnachtsmarkt und stehen nun mit so einer Geschichte in der Presse.“ Man habe die Musikanlage umgehend abbauen lassen, als der Vorfall bekannt wurde.
Im Fokus steht demnach ein USB-Stick, der von dem Unternehmen kam, das die Musikanlage stellte. Insgesamt drei Speichersticks seien an die Polizei übergeben worden, schreibt „cnv-medien.de“. Die Stadt schließt aber auch gezielte Sabotage nicht aus. Stadtdirektor Thielebeule hält es für möglich, dass Unbekannte über Funk die Lautsprecher kaperten.
https://www.ksta.de/politik/otterndorf-nazi-musik-auf-weihnachtsmarkt-staatsschutz-ermittelt-1-1172094Darf ich daraus schließen, dass niemals kein Mensch je auf diesem Weihnachtsmarkt nie nicht war und deshalb die Darbietungen auch niemals nicht hören konnte?
Möglicherweise hatten die Otter auch grade Auslauf ...
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Gerade kommt eine Meldung von der Diktatur herein:
Pressemitteilung
Nr. 99/2025 vom 19.12.2025
Bundesverwaltungsgericht hebt Verbot der Vereinigung "Hammerskins Deutschland" auf
Das mit Verfügung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) vom 24. Juli 2023 ausgesprochene Verbot der Vereinigung "Hammerskins Deutschland" einschließlich ihrer regionalen Chapter "Bayern", "Berlin", "Brandenburg", "Bremen", "Franken", "Mecklenburg", "Pommern", "Rheinland", "Sachsen", "Sarregau", "Westfalen", "Westwall", "Württemberg" sowie der "Crew 38" als Teilorganisationen ist rechtswidrig. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mit heute verkündeten Urteilen entschieden.
Mit der Verbotsverfügung stellte das BMI unter Berufung auf Art. 9 Abs. 2 GG i. V. m. § 3 VereinsG fest, dass sich die Vereinigung einschließlich ihrer Teilorganisationen gegen die verfassungsmäßige Ordnung sowie den Gedanken der Völkerverständigung richte und nach Zweck und Tätigkeit den Strafgesetzen zuwider laufe. Der Verein "Hammerskins Deutschland" werde verboten und aufgelöst. Er sei rechtsextremistisch ausgerichtet, der Schutz der "weißen arischen Rasse" und der Kampf gegen eine "Umvolkung" seien zentrale Schwerpunkte seiner Ideologie. Der Bescheid ordnet unter anderem die Beschlagnahme und Einziehung des Vermögens des Vereins und seiner Teilorganisationen an. Insbesondere bezieht er in Ziffer 5 Satz 2 der Verbotsverfügung auch das im Privateigentum stehende Grundstück eines Mitglieds ein. Gegen die Verfügung haben zahlreiche regionale Chapter und deren Mitglieder Klagen erhoben.
Spoiler
Die Klagen hatten vor dem erst- und letztinstanzlich zuständigen Bundesverwaltungsgericht Erfolg.
Entgegen der Auffassung der Beklagten lässt sich die Existenz einer den regionalen Chaptern übergeordneten bundesweiten Vereinigung "Hammerskins Deutschland" nicht feststellen. Zwar ergibt sich aus dem vorliegenden Tatsachenmaterial, auf das sich das Gericht ungeachtet der Einwände einzelner Kläger stützen kann, dass sich Mitglieder der regionalen Chapter regelmäßig auf einem sogenannten "National Officers Meeting" treffen. Diese Zusammenkünfte dienen der Koordination und Abstimmung. Das Gericht konnte sich jedoch nicht die Überzeugung bilden, dass diese Treffen Ausdruck eines Zusammenschlusses zu einer verfestigten Organisation auf nationaler Ebene sind und dort für die Chapter sowie deren Mitglieder verbindliche Entscheidungen getroffen werden. Das vorliegende Tatsachenmaterial rechtfertigt nicht die Annahme, dass zwischen den Chaptern und der europäischen bzw. weltweiten Bewegung ein nationaler Verein "Hammerskins Deutschland" besteht. Erst recht belegt das Material nicht eine zentrale Steuerung der regionalen Chapter durch eine übergeordnete nationale Ebene. Nur eine derartige Einbindung in eine Gesamtorganisation würde – wie hier vom BMI angenommen – die Einordnung der Chapter als Teilorganisationen und damit deren Einbeziehung in das Verbot ohne chapterbezogene Prüfung der Verbotsgründe rechtfertigen. Vielmehr finden sich deutliche Hinweise für eine weitgehende Autonomie der Chapter. In Fallgestaltungen der vorliegenden Art bleibt es den jeweils zuständigen Behörden des Bundes und der Länder allerdings unbenommen, einzelne Chapter zu verbieten, wenn für diese Verbotsgründe festgestellt werden können.
Für das klagende Chapter "Sarregau" konnte der Senat außerdem keine Zugehörigkeit zur deutschen Hammerskin-Bewegung feststellen, da es sich um ein französisches Chapter handelt.
Hinsichtlich der in Ziffer 5 Satz 2 der Verbotsverfügung angeordneten Beschlagnahme und Einziehung eines konkreten Grundstücks hat das Gericht das Verfahren abgetrennt, soweit sich der Eigentümer mit seiner Klage auch hiergegen gewendet hat. Insoweit fehlt es an einer sachlichen Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts in erster Instanz.
BVerwG 6 A 6.23 - Urteil vom 19. Dezember 2025
BVerwG 6 A 7.23 - Urteil vom 19. Dezember 2025
BVerwG 6 A 8.23 - Urteil vom 19. Dezember 2025
BVerwG 6 A 9.23 - Urteil vom 19. Dezember 2025
BVerwG 6 A 10.23 - Urteil vom 19. Dezember 2025
BVerwG 6 A 11.23 - Urteil vom 19. Dezember 2025
BVerwG 6 A 12.23 - Urteil vom 19. Dezember 2025
BVerwG 6 A 13.23 - Urteil vom 19. Dezember 2025
BVerwG 6 A 14.23 - Urteil vom 19. Dezember 2025
BVerwG 6 A 15.23 - Urteil vom 19. Dezember 2025
BVerwG 6 A 16.23 - Urteil vom 19. Dezember 2025
BVerwG 6 A 17.23 - Urteil vom 19. Dezember 2025
https://www.bverwg.de/pm/2025/99https://www.spiegel.de/panorama/justiz/hammerskins-bundesverwaltungsgericht-kippt-verbot-von-neonazi-gruppe-a-df656d9d-959b-47ca-94dd-554ffd7c30a6